[Musik] Ich freue mich sehr, heute Arne Fungelgesang hier begrüßen zu dürfen. Er ist Künstler, er macht Projekte solo und mit dem Theaterlabel "Interniel" experimentiert mit dokumentarischem Material, neuen Medien, Fiktion und Performance und hat bereits zwei Vorträge auf Chaos-Events gehalten. Die findet ihr beide auf media.ccc.de und sie sind sehr empfehlenswert. Ich bin sehr gespannt, was uns heute mit dem Vortrag "Kriegsökologie" erwartet und übergebe. Vielen Dank. Danke, danke, danke. Applaus für Arne. Danke für die Einladung. Ich bin nicht sicher, ob das Mikro ist. Schön, dass ich da sein kann. Danke für die Einführung. Auch in Bezug darauf, dass ich Künstler bin, nicht weil alle meine Kunst sehen sollten oder weil hier irgendwas Künstlerisches passiert, sondern eher als Vorwarnung, dass Recherche sozusagen meine Nebenbeschäftigung ist. Das heißt, Zweifel schaden nicht bei allem, was ich erzähle. Ich gucke gern Sachen nach und erzähle dann gern auch drüber, aber ich kann natürlich auch immer wieder zwischendurch falsch liegen. Ich danke auch ganz besonders allen Menschen, die geholfen haben, dass ich heute hier sein kann, weil sie nämlich mein Ticket bezahlt haben. Patrick Ohneka, der das organisiert hat, und Semtex und Piepsproben Eorhim und viele andere, die nicht genannt werden wollen. Ohne die wäre ich heute nicht hier. [Applaus] Wir werden uns nicht mit Krieg beschäftigen. Im engeren Sinne, sondern im weiteren metaphorischen Sinne, verschiedene Gefahren anschauen, die der Klimagerechtigkeitsbewegung von rechts drohen. Inhaltswarnung steht da unten schon drauf. Gewalt, rechte Propaganda. Was nicht mit drauf steht, ist Überinformation. Das ist so ein bisschen eine Gefahr. Ich spreche relativ schnell und ich habe die Tendenz, sehr viel mehr visuelle Informationen dahin zu packen, als man vielleicht immer wahrnehmen kann. Wenn das zu viel wird für euch, macht einfach die Augen zu, oder guckt weg oder so und entspannt euch. Das kann man dann später im Internet nochmal nachgucken. Es wird insgesamt recht ernst und auch ein bisschen anstrengend, auch weil ich wechsle zwischen Informationen und Nachdenken über die Sachen. Und manchmal weiß man nicht genau, was von beiden ich gerade tue. Das heißt, es ist so ein bisschen fordernd jetzt auf die späte Stunde, und ich bin niemandem böse, der zwischendurch gehen will. Jetzt habe ich schon so viel Disklaimer gemacht, ich höre jetzt auf damit. Achso, nein, ich muss noch einen machen, das ist nämlich zu lang. Ich habe mich total verheddert zwischen dem, was ich dachte, dass ich wirklich sagen muss und dem, was ich dachte, das will ich wirklich sagen. Und deswegen ist das gesamte Ding zu lang geworden und wir müssen danach gerne beim Bier darüber sprechen, weil ich vermute, dass ich hier von der Bühne getackelt werde und wir keine Zeit mehr für Fragen haben werden. Ich habe die erste Fassung von diesem Vortrag gehalten im Februar 2022 im Auftrag des Koala Kollektivs. Das ist eine Frankfurter klimaaktivistische Gruppe, die machen super Sachen. Wenn ihr wollt, in der Nähe seid, dann guckt bei denen mal vorbei. Die machen eine Klimakneipe, wo sie Leute einladen, mit denen sie sprechen. Die gibt es auch online zu sehen. Die nächste ist am 1.9., da könnt ihr auch reingucken, oder ihr könnt ihn spenden. Vielen Dank, ohne die wäre ich nämlich heute auch nicht hier. Der Fokus in dem Vortrag liegt auf Bedrohung für außerparlamentarisches Engagement. Es geht also nicht um Probleme der Partei Die Grünen, die interessieren mich nicht. Es gibt mehrere Ebenen, auf denen Aktivismus direkt oder indirekt gefährdet sein kann. Die erste wäre organisierte oder nicht ganz so organisierte Neonazis und Faschist*innen. Oft lose oder temporär organisierte Online-Mobs. Eine mobilisier- und radikalisierbare rechte Zivilgesellschaft. Institutionelle Klimaleugnung, Thinktanks, Lobby-Vereine, Astro-Turfing, also so Fake-Bürger-Initiativen. Und staatliches Handeln, ob jetzt durch Polizei oder durch Politik zum Beispiel als Gesetzgeber oder als Anheizer. Ich werde diesen letzten Punkt Staatsgewalt nicht näher betrachten in dem Vortrag. Das heißt nicht, dass es dazu nicht sehr viel zu sagen gäbe, aber ich bin ja sowieso schon zu lang. Dass es dazu viel zu sagen gäbe, stimmt schon für den deutschsprachigen Raum. Die Lage in vielen anderen Ländern, nicht in Europa, ist sehr viel harscher, weil wirtschaftliche Interessen dort viel brutaler aus agiert werden. Das heißt, sich gegen ökologische Vernichtungsstellen bedeutet in Brasilien oder in Kolumbien oder auf den Philippinen oder in Mexiko unmittelbar das eigene Leben zu riskieren. Im Moment werden jedes Jahr über 200 Menschen umgebracht, die sich für Umwelt oder Landrechte einsetzen. Das ist das bigger picture für den kleinen Ausschnitt, den ich hier beschreibe, über den deutschsprachigen Raum, in dem wir, obwohl es ja auch Probleme gibt, immer noch sehr privilegiert unterwegs sein können. Ich unterteile den ganzen Vortrag in drei Teile. Es gibt im ersten Kapitel ein bisschen Bestandsaufnahme von Attacken gegen Klimagerechtigkeitsaktivist. Das ist der unangenehmste Teil von dem ganzen Vortrag, weil es um physische Gewalt geht und um Gewaltdarstellung und Gewaltbeschreibung. Im zweiten Teil geht es um die Besetzung von Anliegen und Widersprüchen. Das wird ein bisschen diskursiver. Und im dritten Teil geht es um mögliche zukünftige Entwicklungen. Das ist ein bisschen spekulativer und weist auch über den deutschsprachigen Raum hinaus. Ihr könnt also nach den ersten beiden eventuell auch gehen, falls es zu lange dauert. Bevor ich jetzt noch mehr darüber rede, dass ich zu lang bin, fange ich lieber an. Ich beginne mal mit ein paar ganz basic Infos und bedrückenden Selbstverständlichkeiten. Es wird unmittelbar physisch gefährlich, jenseits von Polizeibegegnungen, für Aktivist*innen vor allen Dingen dort, wo die extreme Rechte lokal verankert und aktiv ist. Das ist wahr für Kleinstädte, wie zum Beispiel Bad Segeberg in Schleswig-Holstein. Dort baute der Neonazi Bernd Töter hier im Bild zu sehen, nach einem Knastaufenthalt eine lokale Gang auf, "Aryan Circle". Die fingen an, ab Sommer 2019 lokale Aktivist*innen von "Fridays for Future" oder von "Extinction Rebellion" zu bedrohen, damit die nicht auf die Straße gehen dort. Dann wanderte Gottlob wieder in den Knast. Das ist wahr für mittelgroße Städte, wie zum Beispiel Zwickau in Sachsen. Dort waren es lokale Neonazis der Jungen Revolution unter Führung von Sani Kuyat hier im Bild zu sehen, in der Mitte, die aktiv gegen lokale linke Aktivist*innen vorgingen und dann auch gegen eine Ortsgruppe von "Fridays for Future", die sich gegründet hatte, mit Doxing, mit Morddrohungen, Auflauern im öffentlichen Raum und so weiter. Jakob Springfeld aus Zwickau hat ein Buch darüber geschrieben. Wenn euch das interessiert, die Erfahrungen, die man da macht, dann lest das gerne. Das ist wahr auch für größere Städte, wie zum Beispiel Halle in Sachsen-Anhalt. Dort operiert immer noch, hoffentlich nicht mehr so lange, seit langem der überregionaleinflussreiche Neonazi Sven Liebig. Wenn dort Klimacamps stattfanden in Halle, was sie mehrfach taten, dann gab es immer wieder Todesdrohungen, Leute fuhren vorbei, haben was zugerufen, Leute wurden in den Rücken getreten dort, Zeltseile wurden durchgeschnitten. Das heißt, es geht an solchen Orten immer um die Besetzung von Räumen und ein bisschen weniger, aber auch um Konkurrenz im Bereich politischer Jugendkultur, wo der Nachwuchs rekrutiert wird. Das alles kann sich intensivieren, wenn es um Anliegen geht, die nicht abstrakt sind und nicht langfristig bearbeitet werden, sondern die akut viele Leute vor Ort direkt betreffen, weil dann das Mobilisierungsfeld sehr viel größer und dynamischer ist. Beispiel dafür Seehausen in der Altmark in Sachsen-Anhalt. Dort protestierten ab dem Frühjahr 2021 Menschen gegen den Ausbau der A14. Einige von ihnen eröffneten einen Infopunkt in einem alten Bahnhofsgebäude am Bahnhof von Seehausen. Das wurde ihnen von einer Privatperson zur Verfügung gestellt, weil sie mit den Menschen vor Ort reden wollten, um sie zu informieren darüber, was jetzt vielleicht an so einem Autobahnausbau nicht so gut ist. Andere von ihnen besetzten Teile des Losser Forstes, in dem Bäume gefällt werden müssten, wenn dort die Autobahn gebaut wird. Die AfD organisierte daraufhin Demos gegen diese Aktivist*innen, mobilisierte die Anwohnerschaft. Im Mai 2021 legte jemand am Bahnhof in Seehausen ein Feuer. Und das war ein Angriff von mehreren. Innerhalb der ersten zwei Monate ihrer Aktivität dort erlebten Aktivist*innen zerstörtes Auto, Brandanschläge, eine Rohrbombe, körperliche Angriffe, Einbrüche, Morddrohungen, Hetzjagden. Am 18. Juni 2021 schoss jemand in einem Ku Klux Klan Kostüm am Bahnhof von Seehausen mit Gummigeschossen auf Menschen, die da waren. Und verletzte zwei von ihnen. Eine Person davon war minderjährig. Derzeit wird am Landgericht Stendahl gegen drei Beschuldigte deswegen verhandelt. Bei einem hat die Polizei nach eigenen Aussagen eine Bombenwerkstatt gefunden. Ausfindig gemacht wurden sie über dieses damals viral gegangen Video. Im Juni letzten Jahres, also ein Jahr später, brannte das Zuhauseehaus auf Bahnhof Gebäude komplett ab. Die Feuersache ist bis heute nicht ganz geklärt. Das Camp im Loser Forst wurde nach anderthalb Jahren von den Besitzer*innen aufgegeben. Und die A14 Erweiterung wird vermutlich gebaut. Das ist also keine Erfolgsgeschichte. NSU Watch hat vor zwei Wochen einen Podcast gemacht über Seehausen und die Ereignisse dort. Da wird die Geschichte nach erzählt und ein bisschen differenzierter als ich das jetzt in der Kürze gemacht habe. Wenn euch das interessiert, dann könnt ihr da reinschauen bzw. reinhören. Nun ist Seehausen eine ländliche Region mit fortgeschrittener rechter Landnahme. Linke, SPD und Grüne sind in der letzten Wahl dort zusammen nicht auf mehr als 20 Prozent zusammen. Ähnliches kann trotzdem aber auch in eher links regierten Hauptstädten passieren. In Wien sollte unter einem Nationalpark ein Tunnel für eine Schnellstraße gebaut werden im Auengebiet Lobau. Vor allem Jugendliche Protestierende richteten im Sommer 2021 einen Protestcamp dagegen ein. Einerseits Mahnwache in einem Park. Das war genehmigte Demonstration. Sie besetzten aber auch Teile der Baustellen und bauten dort provisorische Holzkonstruktionen, um sich dort einzurichten. Am 31.12.21, also zu Silvester, gab es einen Brandanschlag auf einer dieser Holztürme in einer der Mahnwachen. Der wurde mit Brandbeschleuniger gelegt und zu dem Zeitpunkt waren acht Personen in dieser Konstruktion drin. Die konnten mit Glück entkommen, das heißt es wurde niemand verletzt dabei. Das war aber natürlich trotzdem eine große Aufregung. Und man fragte daraufhin den sozialdemokratischen Wiener Bürgermeister, der unbedingt diesen Tunnel bauen wollte, ob solch eine Eskalation nicht auch ein Zeichen wäre, dass sich irgendwas komisch entwickelt. Und er sagte, ja, ja, das ist auf jeden Fall ein Zeichen. Auf jeden Fall ein Zeichen, dass ein rechtsfreier Raum in einer Stadt kein Vorteil ist. Es ist auf jeden Fall ein Zeichen, dass ein rechtsfreier Raum in einer Stadt kein Vorteil ist. Das heißt, selber Schuld, wenn ihr eine Baustelle besetzt, dann werdet ihr halt angezündet. Es gab zu der Zeit eine AstroTurfing Bürgerinitiative mit dem Namen "Lobautunnel jetzt", die also diesen Ausbau forderte. Initiiert von Funktionären der ÖVP, das ist die österreichische CDU, nur ein paar Jahre weiter radikalisiert schon. Und es gab eine dazugehörige private Facebook-Gruppe von Befürworter*innen des Ausbaus. Dort wurde einerseits natürlich dieser Brandanschlag, nachdem er geschehen war, ausgiebig gefeiert. Es gab aber auch vorher schon in dieser Gruppe Fantasien über Anzünden, weil es ebenso viele Holzkonstruktionen gab. Am besagten Silvesterabend, als das Ganze geschah, postete der ÖVP-Mann, der Initiator der Kampagnen, einen lustigen Gruß an alle Leute in der Gruppe mit einem Molotov-Cocktail und wenige Stunden später brannte der Turm. Bislang wurden keine Verdächtigen dafür ermittelt. Was diese Beispiele zeigen, ist, dass die Intensität und die Wahrscheinlichkeit von physischen Angriffen von der rechten Verankerung in Regionen befördert wird. Das ist nicht wahnsinnig überraschend, es ist aber immer noch ein gutes Argument dafür, öfter an solchen Orten aktiv zu sein und lokale Initiativen zu unterstützen, weil sie eine unfassbar schwere Arbeit machen, wenn sie sich der rechten Landnahme in den Weg stellen oder der Etablierung von Menschenfeindlichkeit. Das heißt, dass andererseits zu akut umkämpften Themen in sozialen Medien relativ schnell Radikalisierungsumgebungen entstehen können. So eine Art Gemütserhitzer, die es wahrscheinlicher machen, dass Einzelne die dort nur metaphorisch oder verbal trainierten Gewaltfantasien dann halt auch wirklich in die Tat umsetzen, ohne dass geplant werden muss, wer das jetzt eigentlich ist. Solche Gemütserhitzer gibt es auch als eine Art Dauerbrenner. Und einen von diesen Dauerbrennern schauen wir jetzt mal genauer an. Wahrscheinlich sind euch schon mal die Leute aufgefallen, mindestens im Internet, die nach jeder Klimaaktion sagen, so, jetzt fahre ich erstmal eine extra dreckige Runde mit meinem Diesel im Kreisverkehr und danach grill ich mir 12 Steaks und damit habe ich es denen aber so richtig gezeigt. Das sind frei fahrende Konsumenten im Knotenpunkt rechter Identitätspolitik. Die Politikwissenschaftlerin Cara Daggett hat 2018 in einem Paper für diese Subjektivität den Begriff "Petromaskulinität" geprägt. Es ist eine affektive Identität, die verschmilzt westliche Fossilkultur, weißen Patriarchismus und autoritäres Begehren miteinander. Cara Daggett hat zwei interessante Thesen. Sie sagt, erstens, je ökonomisch unwichtiger fossile Energie in der wirklichen Welt wird, desto mehr verschiebt sich ihre Bedeutung in symbolische, weil Bedeutung nicht so schnell abbaubar ist. Die ist kulturell da und die muss dann irgendwo stattfinden. Und damit zusammenhängt, je mehr die Gewaltsamkeit von fossiler Extraktion in der Öffentlichkeit besprochen wird und auch anerkannt wird, desto mehr wird Gewalt zum identitären Fundament von Petromännlichkeit. Also, was? Mein Auto ist brutal und böse? Aber ich lieg in mein Auto? Na gut, dann bin ich wohl auch brutal und böse. Ha! Sie hat das besser formuliert. Das heißt, realer Bedeutungsverlust bringt Kompensationshandlungen hervor. Deswegen gibt es zum Beispiel Communities, in denen sich die Menschen an der Erotik grusiger Abgase erfreuen. Es gibt hunderttausende Beiträge auf Instagram mit dem Hashtag #RollinCole. Also, dem Umbau der Auspuffanlage dazu, dass sie wirklich richtig viel Ruhe ausschüttet. Das ist eine Mode aus den USA, es ist dort verboten, es ist auch hier verboten, aber es gibt auch in Deutschland Fans davon. Es ist auch beliebt, zum Beispiel auf der Straße damit so Elektroautos anzupupsen. Es ist beliebt, zum Beispiel, bei einem der Gründer des bekanntesten petromaskulinen Inkubators im deutschsprachigen Raum, nämlich Fridays for Hubraum. Ihr habt vermutlich die Diskussion über Hasspostings nach der Gründung von Fridays for Hubraum 2019 mitbekommen. Nach einer Woche mussten die ihre Facebookseite erstmal wieder stilllegen, weil die Leute so viel Hass darunter geschrieben haben, dass es halt überhaupt nicht mehr ging. Und danach musste eine Image-Kampagne für den Initiator gemacht werden, wo der dann in Talkshows sagen konnte, dass er eigentlich ein guter Mensch ist. In der offiziellen Facebook-Gruppe von Fridays for Hubraum, die wir hier sehen, mit einer knappen halben Million Mitgliedern, wurden deswegen lange viele Beiträge vom Admin vorsorglich nur mit abgeschalteter Kommentarfunktion gepostet, weil man wusste, was darunter stehen würde, wenn man die Kommentarfunktion halt nicht sperrt. Das war aber kein Problem, weil die Crowd ihr Ventil in anderen Seiten dieses Netzwerks fand. Zum Beispiel bei keinem Kfz-Dieselverbot in Deutschland. Aktuell 119.000 Follower. Die höchste Interaktion auf dieser Seite gibt Aufregung über die Grünen, Aufregung über die Klimakleber und so weiter und so fort. Und deswegen wird diese Aufregung dort auch regelmäßig praktiziert. Wer von euch verbale Gewaltfantasien nicht gut ertragen kann, jetzt vielleicht am besten ein paar Minuten wegschauen, weghören, weil ich als Beispiel mal gebe nur zu einem einzigen von sehr vielen regelmäßigen Posts, was sich in über 1000 Kommentaren die Leute dort so wünschen. Das ist der Post. Und die Kommentare schlagen vor, angeklebte Aktivistinnen mit kaltem Wasser zu übergießen, sie in Arbeitslager einzusperren oder in ein kaltes Kellerloch mit Ratten, mit Gewalt die angeklebte Haut abzureißen und sie zu überrollen, sie zu überfahren, zu überfahren, zu überfahren, zu überfahren und zu überfahren. Sie zu vergasen mit dem Auspuff, indem man da von hinten ran fährt. Sie mit Vollgas zu überfahren. Sie versehentlich zu überfahren. Sie absichtlich zu überfahren. Sie zu verprügeln oder mit einem Baseballschläger ihre Zähne auszuschlagen. Ihnen fauligen Fisch in den Hals zu drücken, ihre Hände abzuhacken, ihre Hände zu verbrennen und drauf zu pinkeln, zur Waffe zu greifen, was immer das dann bedeutet, und sie zu überfahren, zu überfahren, zu überfahren, zu überfahren und zu überfahren. Das ist meines Wissens vom Netz.dg alles strafbewehrt. Es ist aber genauso gut auch normal. So, ihr kennen alle diese Kommentare. Die gibt es nicht nur dort. Derartige Facebookseiten gibt es viele. Auf Twitter sieht die Sache nicht viel besser aus. Was kein Kfz-Dieselverbot in Deutschland besonders macht, ist eine Facebook-Business-Page. Die wird betrieben vom Automobilclub Mobil. Das ist ein Konkurrenzunternehmen zum ADAC mit Top-Testergebnissen. Der Zitat "Jüngste und Coolste unter den Automobilclubs". Und Facebook-Gruppen zu betreiben, ist Teil des Community-Managements und Kundenwerbung. Technisch gesehen sind das keine Facebook-Gruppen, das sind Facebook-Pages. Das heißt, nur Mobil kann dort posten und die Community bildet sich über Kommentare. Die Digitalstrategie von Mobil stellt deswegen auf regelmäßige Aufreger ab, damit die Zielgruppe sich wohlfühlt mit ihrem Hass. Auf der zweiten Page von Mobil, kein Tempolimit auf deutschen Autobahnen, sieht es mehr oder weniger genauso aus wie bei kein Kfz-Dieselverbot in Deutschland, nur mit knapp zweimal so vielen Followern. Mittlerweile über 225.000 und entsprechend mehr Kommentaren. Ein Beispiel hier links wurde unter allgemeinem Beifall von irgendjemandem vom Mobil-Automobilclub ein Video geteilt, auf dem ein französischer Polizist, einem Aktivisten, die angeklebten Hände von der Fahrbahn reißt und der schreit vor Schmerzen. Und beim meistgeleigten Kommentar darunter erfreuen sich 637 Menschen an der Vorstellung, eine angeklebte Frau anzupinkeln. Dazu kommen stetig wiederholte Beschwörungen der Form, irgendwann fährt mal einer richtig rüber und das wäre ja ganz schlimm, denn das ist das, was sich natürlich alle eigentlich wünschen. Ab vergangenem Herbst griff die Presse solcher online kursierenden Gewaltfantasien, Gewaltmantren und Memes vermehrt auf, weil die letzte Generation sich als sehr hartnäckig in ihrer Aktionsform erwies. Ein voran die Bild-Zeitung, die Lieblings-Zeitung für das Mobil e.V. Hören wir uns mal an, was die da gesagt haben. ...jetzt natürlich irgendwann auch ein bisschen größer, gerade bei den Klimaklebern im Straßenverkehr. Wie sieht es denn aus? Darf man den Klimaklebern eine kleben? Also ich hatte dazu da erstmal etwas beruhigend vorzugehen, aber das, was da geschieht, ist auf jeden Fall keine Labarlie. Daher dürfen Sie, weil das ein rechtswidriger Eingriff ist, auch zur Not vergreifen, das ist ein scharfes Schwert. Man darf alles tun, was dazu erforderlich ist, die Straftat sicher und endgültig zu beenden. Das heißt, ich darf die auch einfach da abreißen, die Hände abreißen und auch wenn die sich dabei dann ein bisschen wehtun, weil das ist ja mit Sekundengeber festgeklebt, habe ich damit nichts zu tun? Wissen Sie, wenn jemand vorgibt, die Welt retten zu wollen, sollte er nicht so dünnhäutig sein, dass es Ihnen groß etwas ausmacht, wenn etwas Haut auf der Straße kleben bleibt. Ja, das dürfen Sie dann tun. Herr Steinhüffel, das war ein gekonntes Wortspiel, da muss man Ihnen an der Stelle auch attestieren. Das war eine Absolution der größten Zeitung Deutschlands und natürlich ein impliziter Aufruf. Die Freude der Moderatorinnen an Wortspielen über Körperverletzung inklusive, die gehörte dazu. Trägerwarnung, es gibt jetzt kurz ein paar Videos mit körperlicher Gewalt. Videos von Autofahrern, die gegenüber Aktivistinnen zur Selbstjustiz greifen, die hatten sich zu dem Zeitpunkt schon zu einem beliebten Unterhaltungsmedium in dieser Szene entwickelt und ab dieser Bildoffensive ging es dann halt richtig los. Das ist mir scheißegal! Schnappeln! Hilft euch! Und weg hier! Weg! Kommt her! Fahrt! Kommt her! An die wühlerliche Besünder, Alter! Wir haben es mit einer Art umgekehrten Radikalisierungspipeline zu tun, von geschlossenen Gruppen zu offenen Gruppen, zu Journalismus, Politik und Business. Wobei man sagen muss, was heißt eigentlich Pipeline, weil es ist ein kurzer Weg. Alle, der hier agierenden, sind Mitglieder der vielbeschworenen Mitte der Gesellschaft. Es braucht keine organisierten Neonazis mehr. Es gibt genug andere Allianzen für diese Gewalt. Der vielfach ausgezeichnete Club Mobil hat zum Beispiel die Allianz gegen Tempolimit ins Leben gerufen. Und Fridays for Hubraum steht als Unterstützer da gleich nach der CSU. Das liegt einerseits daran, dass Fridays for Hubraum und Mobil nach eigener Aussage Hand in Hand zusammenarbeiten. Und andererseits ist der Präsident von Mobil CSU Mitglied. Er ist im Vorstand des Kreisverbandes München Süd der Digitalbeauftragte. Und er hat gute Freunde mit Benzin im Blut. Wer könnte da jetzt nur kommen? Ein Vierteljahrhundert Mobil in Deutschland. Herzlichen Glückwunsch von Christian Lindner. Ich gratuliere Ihnen als Politiker, der sich dazu bekennt, Benzin im Blut zu haben. Ich glaube, dass die Automobilbranche nicht nur ein entscheidender Wirtschaftsfaktor ist, sondern dass das Auto auch Teil unserer persönlichen Freiheit, unseres Lebensgefühls ist. Für Parteien, für Medien und für Lobbynetzwerke ist die Ansprache von petromaskuliner Identität Teil des Geschäfts. Dazu gehört auch die präfaschistische Einschwörung auf gewaltsame Verteidigung oder Selbstverteidigung des deutschen Lebensgefühls. Die Legitimation von Gewalt gegen Klimaaktivist*innen ist politisches Koikül, könnte man sagen, in Vorbereitung auf die sich verschärfende Situation. Derzeit laufen 99 Ermittlungsverfahren wegen solcher Gewalt allein in Berlin. Bei keinem einzigen von diesen Ermittlungsverfahren kann die Berliner Staatsanwaltschaft übrigens Notwehr erkennen. Aber vielleicht haben die Staatsanwaltschafter nicht so Rechtsexperten wie bei der Bild oder bei der Zeit. Wenn es für all das also keine Nazis mehr braucht, dann wären Ressourcen frei. Und während das passiert, arbeiten die radikalen Rechte daran, diskursiv auf gegnerisches Terrain zu gelangen und dieses zu verunklaren und anzueignen. Das ist mein zweites Kapitel. Ich habe zwei Themen hier in dem Teil. Einerseits False-Flag-Attacken, andererseits strategische Interventionen in politische Konflikte. Fangen wir mit dem ersten Punkt an. Politische Bewegungen mit Massenappeal, also wo möglichst viele Leute möglichst schnell mitmachen wollen, haben niedrige Einstiegshürden und deswegen sind sie naturgemäß ein sehr attraktives Ziel für Aneignungen, Umwidmungen, Unterwanderungen oder False-Flags. Bei Fridays for Future waren solche Kopierversuche meistens sehr eindeutig travestien, wie eben zum Beispiel bei Fridays for Hubraum, Fridays for Friedum, Fridays for Freibier, was weiß ich, all diese Fridays-Dinger. Es gab einen kleinen Trollversuch auf Twitter, FFF Schwabing, der aber relativ schnell unterbunden wurde. Und es gab diese aberwitzige Geschichte um Tom Radke 2020 in Hamburg, die ich hier nicht erzähle, weil es ja alles schon zu lang ist, die aber auch Unterhaltungswert hat. Den Schaden von dieser Geschichte hat aber vor allem die lokale Linkspartei abbekommen. Für Extinction Rebellion wurde es teilweise ein bisschen ernster. Im Oktober 2019, nachdem sie mit der Aktionswoche in Berlin sehr groß auf die Bildfläche gekommen waren, tauchte ein Twitter-Account namens XR Germany auf, farmte relativ schnell 600 Follower und niemand in der Bewegung wusste, wer dieser Account, wer den führte. Zeitgleich versuchte mindestens eine Person, die bundesweite IT AG zu infiltrieren und berichtete von einer angeblichen Reformgruppe namens Change XR innerhalb von Extinction Rebellion, die alles anders machen wollte und der dieser Account gehören würde, wo angeblich 60 Leute mit dabei wären, was so eine Art Werteunion von Extinction Rebellion wäre. Es gab einen zweiseitigen Forderungskatalog, was sich alles ändern müsste in der Bewegung. Es gab eine Webseite mit einem Countdown, wann irgendwer was gelauncht werden müsste und so was. Es war einerseits total ridiculous. Andererseits ist Dezentralität und "alle Leute willkommen" zu heißen ein so hoher Wert in Extinction Rebellion gewesen, dass das wochenlang für Verwirrung und Diskussionen in den Bundesstrukturen gesorgt hat, bis diese Person rausgeschmissen werden konnte und der Twitter-Account gesperrt wurde. Kurz danach erstellten sächsische Nazis YouTube und Twitter-Accounts mit dem Namen "extinctionleipzig" und promoteten darüber eine Aktion, mit der sie rote Pillen im Leipziger Stadtgebiet per Postwurf verteilten. In Schwaben kopierte die Identitäre Bewegung einfach ganz offen das komplette Messaging von XR. In Berlin klebt jemand antisemitische Varianten, in Berlin in Hildesheim rassistische. Und alle hatten einen gemeinsamen Vibe, nämlich die Umwidmung der Extinction Rebellion-Auslöschungsbotschaft von Extinction auf die weiße Rasse. Das bot sich aber halt auch an. Es gab öffentliche Designvorlagen für Extinction Rebellion bis hin zu Flyer-Generatoren im Internet. Die landeten natürlich schnell auf 4chan, wo die Leute Freude damit hatten, dass man in weniger als einer Minute druckfertige Sticker in XR-Aesthetik designen konnte. Und professionalisiert wurden solche Fall-Sfleck-Sticker-Kopien durch einen Neonazi in Großbritannien. Der verteilte über den Telegram-Kanal "Hundredhanders" seit 2018 schon Vorlagen für White Supremacy-Sticker in mehreren Sprachen, unter anderem auch in Deutsch. Also "It's okay to be white", "Jada, jada, jada, great replacement", solche Sachen. Die britische Orga Hope Not Hate konnte den Betreiber irgendwann identifizieren. Das ist dieser Mann, der da eingekreist ist, Sam Melia. Nun war Extinction Rebellion in Großbritannien äußerst erfolgreich, weil es die einzige wirklich große zivile Ungehorsamsorganisation in der Zeitwort war. Und deswegen nahm Sam Melia Anfang 2020 XR-Fakes in sein Angebot auf. Ein paar sehen wir hier, die hat er auf Twitter gepostet. Der international wirkungsvollste war dieser eigentlich recht harmlose "Autofahrer sind Nazis"-Sticker. Und zwar genau dieses eine Foto, was auf Twitter gepostet wurde. Nur zwei Tage nach der Erstverbreitung auf Twitter wurde XR Belgien durch die Belgische Automobilverbindung angegriffen, weil sie eine Aktion gemacht hatten auf einer Automesse. Und dann die Automobilvereinigung ihnen vorwarf, sie hätten da diesen Sticker verklebt, was nicht stimmte. Den gab es nur irgendwo in UK und in diesem Foto auf Twitter. Und auch die Dresdner Extinction Rebellion Ortsgruppe musste sich für diesen Sticker gegenüber einem lokalen CDU-Geschäftsführer rechtfertigen, mit dem sie einen Gesprächstermin hatten. Und er drohte den abzusagen, weil "Nutzer von Personenkraftwagen mit Mitgliedern der nationalsozialistischen Aberpartei Deutschlands gleichgesetzt würden." Was nebenbei auch ziemlich starke Nazis-sinn-schon-alle-tot-Vibes hat. Das heißt, wir haben einen von einem Nazi produzierten Sticker, den ein anderer Nazi irgendwo hingeklebt hat und ein Foto auf Twitter gesetzt hat. Und innerhalb von zwei Tagen hat sich das in gesamten fossilen Lobbynetzwerken verbreitet, bis hin zur CDU in Dresden. Bis April 2021 sammelte der 100Handlers Telegram-Kanal knapp dreieinhalbtausend Mitglieder und Abonnentinnen für diese Supremacy-Propaganda. Du konntest da irgendwie gesagt kriegen, das ist der Drucker, den du kaufen musst, damit wir nicht nachvollziehbar sind. Alle haben den gleichen Drucker. Ihr printet die aus, ihr klebt die irgendwo hin, ihr schickt mir ein Foto davon. Ich poste das im Kanal und wir sehen alle, welche Erfolge wir feiern. April 2021 hörte er auf damit. Schon seit November 2020 gab es aber einen zweiten Kanal auf Telegram mit exakt der gleichen Methodologie. Das war natürlich der Kanal mit den Pandemisticker-Vorlagen und der hieß natürlich Weiße Rose. The White Rose sammelte die zehnfache Zahl an globalen Abonnentinnen ein mit den Inhalten. Es gab 194 regionale Kanäle in allen möglichen Sprachen. Du konntest über einen Bot einen Sticker-Starter-Pack bestellen. Das wurde dir dann zugeschickt. Das heißt, der Betreiber konnte auch gleich noch eine ganze Menge Postadressen sammeln. Die Pandemie war in dieser Beziehung da also eine politische Erfolgsgeschichte. Das war sie für viele rechte Akteure. Covid-19 war eine Möglichkeit zur Vergrößerung von Mobilisierungsmacht und von Reichweite. Und gleichzeitig für die Klimagerechtigkeitsbewegung ein großes strategisches Hindernis. Deswegen gibt es die letzte Generation und ihre Aktionsform überhaupt. Diese inhaltliche Flexibilität von Gegnern, die ständig im Kriegsmodus sind und ihre Themen wechseln können und die so tun können, als wären sie du und dann wieder tun, als wären sie jemand anders, sind natürlich eine große Herausforderung. Viele von den Attacken, die ich beschrieben habe, sind vor allen Dingen Feindbekämpfung. Es sind keine thematischen Bekämpfungen. Umweltschutz ist kein per se linkes Thema. Es ist historisch ein rechtes Thema. Klimaschutz ist auch nicht notwendigerweise ein linkes Thema. Es ist nur im Moment relativ stark besetzt damit. Klimawandelleugnung ist im Moment eine brauchbare Strategie für Teile der extremen Rechten oder der radikalen Rechten. Aber die ideologische Rechte kann auch jederzeit umsatteln. Marine Le Pen hat es im letztjährigen Wahlkampf bereits getan. Die Karbonisierung steht auf Platz 1 des umweltpolitischen Programms ihrer Partei. Vor anderen Punkten wie zum Beispiel Kreislaufwirtschaft. Der dritte Weg. Die Nazi-Kleinpartei in Deutschland fordert ökologische Landwirtschaft, Abschaffung von Massentierhaltung und die Energiewende. Der deutsche Neofaschist Philipp Stein publizierte im neu rechten Magazin Secession 2014 ein Ökomanifest, in dem eine neue rechtsökologische Radikalität forderte. Theoretisch stehen also viele Pferde schon bereit. Eine gute Gelegenheit zum Umsatteln dieser Pferde sind zum Beispiel Interventionen in bestehende Konflikte. Zum Beispiel in dieser schönen Landschaft. Das ist das Mittelbirgsgebiet Rheinhartswald in Hessen. 2017 wurden Teile vom Land Hessen als Vorranggebiete für Windkraftnutzung ausgeschrieben. Die einzelnen Bundesländer haben Auflagen, dass sie so und so viele erneuerbare Energien bereitstellen müssen. Und so wahnsinnig viel öffentlichen Raum gibt es ja nicht mehr. Und wenn man schon irgendwie ein Gebirge da hat, warum das einfach nicht oben in den Wald stellen? Weil da gibt es ja auch viel Wind. Gibt es gute Gründe dafür, das dort zu bauen. Ein Teil des Rheinhartswaldes ist das Naturschutzgebiet Urwald-Sababurg mit dem Dornröschen-Schloss. Denn mehrere grimmische Märchen spielen im Rheinhartswald. Das ist der touristische Claim dieser Region. Davon leben viele Leute, dass Leute dahin kommen, um sich diesen Märchenwald anzugucken. Deswegen gibt es seit Jahren nicht nur lokale Bürgerinitiativen gegen Windräder in diesem Landschaftsbild, sondern auch eine konstante überregionale Aufmerksamkeit rechter Presse. Zum Beispiel regelmäßige Artikel bei "Tichis Einblick", wie wir schon gesehen haben, in "Der Welt", in "Der Bild", im "Deutschland Kurier", bei "Eike", "Vernunftkraft" oder "Windwarn", also im "Netzwerk der Klimawandelleugner" oder auch im neofaschistischen Umweltmagazin "Die Kehre", die sofort nach ihrer Gründung auch gleich mal erst einmal einen Artikel über den Rheinhartswald brachte. Der Rheinhartswald und die deutsche Rechte, das ist eine große Liebe. Die Stoßrichtung in diesen Artikel ist im Allgemeinen die grünen Holzen für die korrupte Windkraftlobby Deutschlands einzigartigen, sagenumwogenden Märchenwald ab. Das stimmt so nicht. Das Naturschutzgebiet ist ein Naturschutzgebiet und das bleibt auch ein Naturschutzgebiet, da kann es nichts reinbauen. Viele der geplanten Anlagen sollen auf Freiflächen entstehen, die zum Beispiel von Käferbefall oder durch Windschäden entstanden sind. Aber nicht alle. Und es müssen Straßen gebaut werden durch den Wald. Das ist also auf jeden Fall ein Eingriff in dieses Ökosystem. Es gibt einen nicht auflösbaren oder nicht einfach auflösbaren Konflikt zwischen Energiewende und Naturschutz. Dabei spielen unterschiedliche ökologische und politische und wirtschaftliche Erwägungen eine Rolle, wie man sich in jedem Fall entscheidet. Der NABU und der BUND in Hessen sind zum Beispiel einverstanden mit der Bebauung des Rheinhartswaldes. Andere Natur- und Artenschutzverbände aber nicht, weil sie andere Prioritäten setzen in diesem Konflikt. Zum Beispiel die Naturschutzinitiative, eine konservative Abspaltung des BUND, die oponiert heftig gegen Lobbyeinflüsse der Grünen und gegen die erneuerbaren Energienindustrie und bezeichnet die Idee von Klimaschutz dabei auch mal einfach als fiktiv. Und diese Konfliktlinie zwischen Klimaschutz und Energiewende verschärft die radikale Rechte und unterstützt lokale Bürgerinitiativen. Die AfD posierte im Landeswahlkampf 2018 bereits im Rheinhartswald. Das war noch die Landes-AfD. Die kehrte dann mit Bundesverstärkung 2020 zurück für eine Pressekonferenz, bei der sie Waldbesetzung spielte. Zur Auflockung mal einen Ausschnitt aus dieser Clowns-Show. Wir von der AfD sehen, dass hier eine große Umweltzerstörung stattfinden soll und geplant ist. Jeder weiß, dass Windräder völlig sinnlos sind, eine fixe Idee der Linksgrünen sind, dass sie ideologisch begründet sind und durch nichts eigentlich zu erklären sind. Wir haben hier ein Lager aufgebaut, um entsprechend Aufmerksamkeit zu erregen. Und wir werden hier also heute Workshops haben, wir werden hier auch übernachten und wir werden natürlich weitere Aktionen planen. Wir haben das Ganze auch zusammengefasst in einer Broschüre "Mensch und Natur vor Klimaschutz schützen". Sie sehen daran, die AfD ist die Umweltschutzpartei und die Partei, die sich für den Erhalt von Natur und Umwelt einsetzt. Anfang letzten Jahres wurde der Bau von 18 Windenergieanlagen im Rheinhartswald genehmigt. Danach gab es einen enormen Push in den sozialen Medien für die Initiative "Rettet den Rheinhartswald". Diese Indie behauptet, parteiproletisch neutral zu agieren, distanziert sich von Vereinnahmungen wie von jenen der AfD, sagt das Mehrfach, wir wollen nichts mit der AfD zu tun haben, bemüht sich auf der Homepage um einen bewusst sachlichen Ton, erklärt das auch alles nochmal, was das eigentliche Problem ist mit dieser Bebauung und dass das nicht noch rechte Propaganda ist. Und auch auf der neu angelegten Facebook-Seite sagt sie im ersten Post gleich ganz ausdrücklich, der Wald ist weder rechts noch links. Nun ist wie so oft da, wo weder rechts noch links drauf steht, in drinnen eine Community, die mehrheitlich aus Wutbummern besteht, die auf die Grünen schimpfen, die das deutsche Vaterland zerstören, so auch dort. Auf Telegram wurde die Initiative und Artikel rechter Medien über den Rheinhartswald Anfang Februar 2022 einmal quer durch das gesamte rechte Ökosystem von Freier Linke und Corona-Rebellen und QAnon, Patrioten-Netzwerk und Waldgang geteilt mit Eva Herrmann, Oliver Janich oder DNews als Hauptmultiplikatoren. Rechts Twitter tat auch seine Arbeit, das alles zu propagieren und in all das dortige Gerufe, wo sind denn jetzt Fridays for Future und die vom Hambacher Forst, hier geht es doch auch um einen Wald hinein, erschien der Twitter-Kanal "Rheinie bleibt - rettet den Rheinhartswald". Rheinie bleibt hatte ausdrücklich Hashtag gegen rechts in seiner Bio stehen und warb mit klarer Kante um Unterstützung durch die linke Öko-Bewegung auf Twitter. Es wirkte ein bisschen wie der verzweifelte Versuch, das politische Ruder noch rumzureißen. Das schlug sich allerdings nicht in den Followern des Kanals nieder. Während der Account "Rheinie bleibt selbst fast ausschließlich relevanten Verbänden, Initiativen und Accounts aus der linken Waldbesetzer-Bubble folgte, um die zum Zurückfolgen zu bewegen, war an seiner eigenen Follower bemerkenswert anders. Des Links sind die ersten 12, hier nochmal ein bisschen größer, damit man das erkennen kann. Ich habe Followbacks unkenntlich gemacht, das sind die Leute, die einfach zurückgefolgt sind, weil der Account ihnen folgte. Alle anderen, wie zum Beispiel Adolf Hitler-Hooligan, sind Leute, die sich dachten, Rheinie bleibt, gute Sache, da folge ich einfach mal. Das ging auch bei den restlichen Followern in der gleichen Struktur weiter, nur dass sich in der Zeit ein bisschen mehr Followbacks hineinmischten. Nun weiß ich nicht, wie es euch geht, ich würde mich als Antifaschist zwischen Di Kere, Titan Eichel und Merkel-treues Furby irgendwie unwohl fühlen. Die Initiative ist rein vor den Followern her, auf Twitter sozusagen, schon vergiftet. Es ist ein bisschen wie mit der Schaffung national befreiter Zonen im ländlichen Raum. Der Konflikt ist besetzt, der Konflikt ist sortiert und zugeordnet. Damit ist auch die Konfliktlinie abgesichert, entweder Windkraft oder Wald, entweder Klimatschutz oder Naturschutz, entweder links oder rechts. Die Frage ist dabei nur zum Teil, wo die Verantwortlichen von "Rettet den Reinhardswald" politisch stehen oder was sie mit klare Kante meinen. Vermutlich gar nichts, sonst hätten sie die Nazi-Follower ja geblockt. Klar war vor allem, die hatten ganz bestimmtes Anliegen und sie brauchten Unterstützung für ihr Anliegen. Und die haben sie bekommen, aber nicht von da, wo sie sich eigentlich wollten. Das wahrscheinlich Ziel war zusätzlich zur rechtslastigen Facebook-Gruppe noch einen linkslastigen Twitter-Account zu haben und so einfach möglichst viel zu kriegen. Das hat aber nicht geklappt. Seit über einem Jahr wird der Account nicht mehr bespielt. Facebook hingegen läuft gut, knapp 6000 Follower mittlerweile. Pressearbeit läuft auch gut. Erst kürzlich brachte Spiegel TV einen Beitrag über den Reinhardswald mit der Tagline "Kettensägen macht Sacka für den Klimaschutz". Und diesem erstaunlichen Satz im Script steht "Deutschland ist vor lauter Windrädern kaum noch zu erkennen" bei Spiegel TV. Und währenddessen tobt die Schlacht um den Reinhardswald vor Gericht. Klagen, Gegenklaren, Berufungen. Erst durfte gebaut werden, dann durfte nicht gebaut werden, wegen Hasselmäusen. Jetzt darf doch wieder was gebaut werden und das geht in die nächste Runde. Das alles als ein Beispiel für praktisch diskursive Einflussnahme. Mit dem allmählichen Umsatteln von rechten Pferden, weg von Klimawandel, Leugnung hin zu Umweltschutz ist Heimatschutzkonzepten, würde ich in Zukunft mit mehr solcher Momente rechnen. Wir haben also jetzt gesehen, wie von rechts einerseits linke Aktivistinnen angegriffen werden, um den politischen Gegner direkt zu bekämpfen. Und wie andererseits gesellschaftliche Landnahme und Vergiftung in ökologischen Konflikten geschieht, die das Terrain vernebelt oder besetzt. Und jetzt ist die Frage, was meine ich zusätzlich jetzt eigentlich noch mit Konkurrenz? Könnte man jetzt nicht auch aufhören mit dem Vortrag? Könnte man natürlich. Ich mache zur Auflockerung mal 15 Sekunden reines Unterhaltungsvideo zum Durchatmen vor der letzten Etappe. Ich hake ein Loch in unser Raumschiff. Ich weiß es ist nicht Flug. Scheiß drauf solange Spaß macht. Goodbye und guten Flug. So okay, lass uns wieder ernst werden. Rechte Angriffe und linke Anliegen, das ergibt eine schöne Achse, auf der sich Begehren und Hoffnungen sortieren lassen. Hoffnung zum Beispiel auf eine ökologische und sozial gerechte Welt, von gutes Leben für alle Wesen auf dem Raumschiff Erde. Oder auf eine Zukunft, in der Elmo und seine Freude den Bug Earth Overshoot Day dadurch gefixt haben, dass sie den Weltraum kolonisieren und unseren Ressourcen Hunger stillen, indem sie ganz viele neue Planeten meinen. Wenn man hoffnungsvoll ist, könnte man sagen, wir sind irgendwo in der Mitte dazwischen und wir kämpfen politisch auf der Achse der Gerechtigkeit, wie weit in welche Richtung wir kommen. Ob in der einen Zukunft landen oder in der anderen. Nun wissen wir alle, es ist nicht ganz so einfach. Ich gebe für den letzten Teil mal eine Dimension dazu, von sehr, sehr vielen weiteren, die auch noch eine Rolle spielen. Und damit kommen zu den beiden möglichen Utopien und Dystopien von Ebenen auch noch ein paar weitere dazu. Das worum auf dieser neuen Achse, die ich jetzt einfach mal einführe, gekämpft wird, ist das Verhältnis von Technik und Natur. Und ich sitze hier so ein bisschen im Hornissennest, wenn ich jetzt darüber hier spreche. Bevor ich zu den drei Richtungen da oben komme, gibt es eine kurze Bonusquest, nämlich fünf Minuten Theorie, um dem ganzen so ein bisschen Basis zu geben, bevor ich zu diesen radikalen Positionen komme. Anfang des Jahrtausends wurde Anthropocen populär als Begriff für eine neue geologische Epoche, um zu erklären, was hier eigentlich gerade alles passiert. Es wurde sehr viel diskutiert, was das bedeuten könnte, ob es das jetzt gibt oder nicht gibt und was es heißt. Was wäre zum Beispiel ein guter geologischer Name für die 30 Billionen Tonnen menschengeformtes Material, das die Oberfläche dieses Planeten bedeckt und miteinander interagiert und blinkt und alle diese Sachen macht. Es ist offensichtlich nicht die Lithosphäre, es ist nicht die Biosphäre, es ist nicht die Hydrosphäre und es ist nicht die Atmosphäre. Die wenigsten von uns werden ihre eigene Erfahrungswelt in diesem Bild adäquat abgebildet sehen. Das kann ich gerade jetzt sehr schön vorstellen, aber es ist halt nicht die Wirklichkeit, in der wir leben. Wir leben in der Anthroposphäre oder in der Technosphäre. Zur Technosphäre hat der US-Geologe Peter Heff in der letzten Dekade ein paar Papers geschrieben und ich fasse seine Beschreibung aus diesen drei Papers hier mal ganz knapp zusammen. Heff beschreibt die Technosphäre als globales physikalisches Stoffwechselsystem, ebenso wie eine geologische Sphäre funktioniert, von außen, also als Abstraktion, weil man kann ja keine Erfahrung davon haben als einzelner kleiner Mensch. Er sagt, jedes energieverstopfwechselnde System, das lange genug besteht, verhält sich, als wäre sein Zweck zu überleben. Es hat jetzt keine Intelligenz oder sowas, aber es entwickelt so ein bestimmtes Verhalten. Er nennt das Intrinsic Agency. Menschen entwerfen viele Teile der Technosphäre selber, nicht alle. Sie stellen die her, sie verpflegen sie, sie vernetzen sie miteinander und deswegen nehmen sie die Technosphäre oder die Tatsache, dass es zum Beispiel doppelt so viele vernetzte mobile Endgeräte auf diesem Planeten gibt wie Menschen, trotzdem als ein Produkt menschlichen Willens war. Sie sagen, ja, das haben wir halt so entschieden, wir wollten das so. Tatsächlich, sagt Heff, wurde seit der Steinzeit ungefähr eigentlich keine Technologie mehr, außer halt bereits bestehender technologischer Systeme entwickelt. Technik entsteht im Rahmen von Technik. Menschen sind Geburtshelfer und nicht Gebärende sozusagen. Er hat einen sehr weiten Technikbegriff. Es geht dabei nicht nur um Gadgets oder um Architektur. Es geht zum Beispiel auch für die 0,1 Gigatonnen Biomasse, Nutzvieh und Nutzpflanzen, die wir auf der Welt haben. Das sind Produkte der Technosphäre, die wären außerhalb der Technosphäre nicht überlebensfähig. Fast alle Säugetiere auf der Welt waren nie natürlich. Sie sind designt durch Zucht auf Basis von Informationen, die aus der Biosphäre gewonnen wurden, aber gehörten der Biosphäre nie an. Sie sind geboren in die Technosphäre und werden in ihr sterben. Sie verdanken ihre Existenz und ihr Fortbestehen technologischen Systemen, und das gilt auch für die Säugetiere Mensch. Wasser, Heizung, Essen, Unterkunft. Heff betont, es braucht für Systemlogiken wie diese keine Intentionalität. Also es ist jetzt nicht, die Technosphäre muss nichts wollen, es gibt da keine Verschwörung oder die Matrix oder irgendwas dahinter, sondern es ist eine systemeigene Logik. Eine höhere Systemebene muss in Anführungszeichen auch wenig von niedrigeren Systemebenen wissen. Wir kennen unsere Darmbakterien nicht, aber wir müssen ihr überleben garantieren, weil wir ihre Arbeit brauchen, sonst sterben wir halt auch. Und die Garantie der Technosphäre für uns als ihre Teile, die sie am Leben erhalten, in Anführungszeichen, ist das, was "have consumer-based metabolism" nennt, also die industriell kapitalistische Verschränkung von Produktion und Konsum. Und dieser Metabolismus hat ein Problem und dieses Problem heißt Recycling. Jede geologische Sphäre recycelt die Abfälle des eigenen Energieumsatzes in Kreisläufen. Regen und Verdunstung, Leben und Verrottung. Dass wir Sauerstoff atmen, ist die Lösung eines Recycling-Problems, nämlich der Erfindung der Photosynthese. Und die Technosphäre hat kein funktionierendes Recycling-System für den Umsatz fossiler Energien entwickelt, bis jetzt. Das ist das Problem, in dem wir gerade sind. Und, das ist das zweite Problem, sie hat auch kein Recycling-System für Menschen entwickelt. In einem System können einzelne Elemente nämlich durch andere Elemente ausgetauscht werden, die die Funktionen besser erfüllen, die dieses System braucht. Das passiert in der Technosphäre auch, wir nennen das Automatisierung. Die Sorge darum hat sich zuletzt in den Diskussionen über generative KI artikuliert. Ich habe Heves Perspektive jetzt hier referiert, weil sie relativ konzis eine globale systemische Abhängigkeit beschreibt. Und diese Abhängigkeit kann man fühlen. Die lässt sich sehr stark fühlen, wenn man will. Als Ohnmacht, als Sehnsucht nach Freiheit oder auch als Wut. Und die drei politischen Richtungen da oben bearbeiten genau diese Abhängigkeit und diese Gefühle. Fangen wir links an, also im Anarcho-Primitivismus. Wir haben einige historische Formen, Earth First, Earth Liberation Front, Animal Liberation Front, Clodo, da gibt es interessante Dokus drüber. Noch aktiv sind die Leute in der Mitte, Deep Green Resistance. Eine Gruppe, die vor allen Dingen in den USA aktiv ist. Und die hat einen zentralen Claim, Zivilisation kann nie nachhaltig sein. Mit Zivilisation meinen sie vor allen Dingen Leben in Städten. Es gibt keine nachhaltigen Städte. Für Städte müssen immer Ressourcen importiert werden, weil sie einfach zu dicht gedrängte Bevölkerung haben. Diese Ressourcen müssen immer anderswo gewaltsam genommen werden. Und der Müll, der dann entsteht, der wird immer wieder exportiert. Das heißt Städte sind ihrem Wesen nach Kolonial, sagen sie. Eine ökologisch gerechte und friedliche Gesellschaft ist deswegen nur möglich, wenn Zivilisation zerstört wird. Das Mittel dafür sind Angriffe auf kritische Infrastrukturen. Deep Green Resistance führen ein Online-Archiv von Sabotage-Akten, die unter ihr politisches Ziel fallen. Sabotage von einzelnen Anlagen, Bomben, Brandstiftung, Schüsse auf Stromanlagen. Die Regel ist dabei Gewalt gegen Sachen, nicht gegen Menschen. Die klassische typische Unterscheidungslinie von Linkerer und Rechter Militanz. Der strategische Grund dafür, dass sie Sabotage vorschlagen, ist, du kriegst keine Massen für Primitivismus mobilisiert. Also brauchst du überzeugte kleine Zellen, die quasi militärisch agieren. Es gibt nicht so viele kritische Knotenpunkte, die du angreifen musst, sagen sie. Deep Green heißen sie einerseits, weil sie sich gegen Hellgrünes wenden, dass das Problem nicht löst, also Sachen wie die Energiewende. Und andererseits ist es ein Verweis auf das Erbe der tiefen Ökologie im Primitivismus. Die Green Resistance argumentieren egalitär für eine bessere Gesellschaft, in der alle auf Augenhöhe miteinander umgehen, Menschen und nicht Menschen. Aber sie drücken sich um die Frage rum, was mit all den Milliarden Menschen passieren soll, deren Überleben von industrieller Technologie abhängt. Was ist denn mit denen, wenn wir die Zivilisation zerstört haben? Deswegen gibt es praktisch im globalen Norden kaum Menschen, die für eine Rückkehr zur Steinzeit kämpfen. Theoretisch ist das affektive Einzugsgebiet für zurück zur guten Natur aber nicht so klein. Das sind ein paar Posts von einem der Gründer von "Rettet den Reinhardswald". Und da haben wir das ganze Paket antizivilisatorisch, naturromantisch, voller Sehnsucht nach der authentischen guten alten Zeit, wo nur ich und der Baum miteinander in direktem Austausch miteinander haben. Ich habe das ein bisschen überspitzt jetzt. Ich kann das auch fühlen. Ich weiß, was der meint. Je älter ich werde, desto mehr freue ich mich, wenn ich in der Natur bin und nicht unter Menschen. Das ist tatsächlich sehr schön. Aber es ist ein anschlussfähiges Mindset für diese politische Logik, die ich gerade beschrieben habe. Und deswegen vereinteiligt er halt zum Beispiel auch den Wald gegen die Industrie, die da reingebaut werden soll. Mobilisierung auf diesem mythisch romantischen Gefühlsfeld hat allerdings Konkurrenz. Heftige Konkurrenz. Das bringt uns auf die rechte Seite dieser Darstellung. Auch Ökofaschismus hat seine theoretischen Grundlagen. Den Naturschützer und US-Eugeniker Madison Grant, dessen Buch "Der Untergang der großen Rasse" Adolf Hitler als seine Bibel bezeichnete. Oder den Eugeniker, Rassisten und Ökologen Garrett Hardin, der leider immer noch viel zu oft unkritisch zitiert wird mit seiner "Tragedie of the commons", die er sich ausgedacht hat. Oder Penty Linkola, der vor zwei Jahren gestorbene Darth Vader der tiefen Ökologie, der forderte der Naturzuliebe so schnell wie möglich mit der Vernichtung allen überschüssigen Lebens auf der Erde zu beginnen. Allen gemein ist die ökofaschistische Kernforderung nach Massentötung, nicht weißer, zur Entlastung des Planeten und zum Erhalt weißer Vorherrschaft. Das neu rechte Magazin Recherche Dresden hat in einer Sonderausgabe zur Ökologie dafür Seehofer paraphrasiert, über Bevölkerung ist die Mutter aller Umwelt Probleme. Was nicht stimmt, aber Genozid ist der integrale Teil des Programms des Ökofaschismus. Es ist eigentlich das Begehren um das es geht. Es geht darum Leute umzubringen. Mehrere rechte Massenmörder waren in diesem Sinne Ökofaschisten, bezeichneten sich teilweise auch so. Der Uethoja-Mörder von 2012, der Christchurch-Mörder von 2019, der El Paso-Mörder von 2019, der Buffalo-Mörder von 2022 oder hier mit seinem YouTube-Kanal im Bild der 18-jährige Finne, der 2007 acht Menschen in einer Schule erschoss, sich auf Linkola und Hardin bezog und sich selbst "Natural Selecter" nannte, Werkzeug der natürlichen Auslese. Die Menschenverachtung in solchen Morden überlagert die Tatsache, dass es zwischen Massenmord und Theoriebildung für den Massenmord aber noch mehr gibt. Bereits in den Turner Diaries von 1978 wurden Angriffe auf ökonomische und energetische Infrastrukturen bis hin zu Atomkraftwerken als Teil des Krieges gegen das System beschrieben. Und in den USA gibt es seit einiger Zeit erhöhte Propaganda für solche Angriffe auf kritische Infrastrukturen unter Nazis, auch Verhaftungen und Verurteilungen von Nazi-Zellen dafür. Auch in Schweden gab es das 2020 mit der Grünen-Brigade. Es ist gut möglich, dass solche Angriffe auch im Cyberbereich zunehmen werden, denn wenn es einem nicht mehr darum geht, keine Menschen zu verletzen, sondern gerade Menschen zu treffen, eröffnen sich da ganz neue Möglichkeiten. Und das ist der Punkt, an dem ich glaube ich gleich getackelt werde. Es gibt ein beliebtes, ich mache einfach weiter und wir brechen dann ab. Es gibt ein beliebtes neueres Handbuch für derartige Sabotage, das ist das Buch "Arrasment Architecture" des US-Faschisten Mike Mahoney von 2019. Kannst du auf Amazon kaufen, weil es sich wie die Turner Diaries als Fiktion maskiert. Das ist quasi nur ein fiktives Tagebuch, ich meine das gar nicht so, dass ihr all das machen sollt, was da drinne steht. Es gilt in der accelerationistisch-faschistischen Szene aber auch als "required reading" neben Siege und den Turner Diaries. Der Autor Mike Mahoney hat 2017 auf Instagram die "Pine Tree Party" ins Leben gerufen. Ein Jahr später schickten Öko-Faschisten der Pine Tree Gang Bomben an US-Politiker*innen. Seither hat sich das Fichten-Emoji zu einem öko-faschistischen Erkennungszeichen entwickelt. Hier sind ein paar Accounts dieses Netzwerks auf Telegram. Zitat aus einer von den Bios da drinnen. "Wir sind hier, um Menschen zu töten und den Wald zu bewahren." Das ist das Programm. Hier ist ein Ausschnitt aus Pine Tree Twitter zwischen internen religiösen Turf Wars und Antisemitismus und Landwirtschaftstipps und Tierbildern und Waffenbildern und Fantum. Falls euch dieses Gesicht, das hier immer wieder mal auftaucht, nicht sagt, das ist Ted Kaczynski. Abschluss in Harvard, PhD, dann Assistant Professor für Mathematik in Berkeley, wo er nach zwei Jahren kündigte, in eine selbstgebaute Blockhütte in der Wildnis von Montana zog und von dort eine Paketbombenkampagne startete, die drei Menschen tötete, 23 Verletzte und ihn für 18 Jahre zum meistgesuchten Domestic Terrorist der USA machten. Vor zwei Monaten ist er im Gefängnis gestorben. Viele Leute sagen, er hat vielleicht Recht. Seit er sein Zeug veröffentlicht hat, kommt immer mal wieder um die Ecke, der sagt, vielleicht hat er Recht. Es gibt auch was Verführerisches, an dem wir denken. Kaczynski ist zu einem zivilisationsfeindlichen Idol geworden. Sein Gesicht und sein Fahndungsfoto sind Mime-Material. Mit seinen Anschlägen gegen Repräsentanten der Technosphäre hat er erreicht, dass 1995 die New York Times und die Washington Post sein Manifest "Industry Society" und "It's Future" druckten. Danach wurde er aufgespürt und eingesperrt. Aber eben weil das alles so gedruckt wurde, ist es auch so zugänglich, dass es so viele Leute gelesen haben. Nach seiner Verhaftung schrieben erstführende militante Öko-Anarchisten mit ihm, zum Beispiel der Begründer des Anarcho-Primitivismus. Daraus wurde aber überhaupt nichts, weil Kaczynski hasst Political Correctness, wie die Pest und Wokeness und Eilers und Linke kann er gar nicht ab. Danach wurde er von Faschisten vereinnahmt, die eine unglaubliche Menge an Kaczynski-Memes produziert haben und immer noch produzieren. Kaczynski selber findet Linke richtig, richtig scheiße. Faschisten aber auch. Er hält alle für beschränkte Idealisten und sich alleine für vernünftig und pragmatisch. Anders als linker ökologischer Radikalismus optiert er für Gewalt gegen Menschen. Anders als Ökofaschismus geht es ihm aber nicht um Bevölkerungsreduktion oder die Privilegierung irgendeiner ethnischen Gruppe. Er will nur in Anführungszeichen ganz unromantisch die technologische Zivilisation zerstören. Das ist also mal wieder ein dritter Weg. [Gespräche aus dem Publikum] Ich leg's jetzt... ja, wir legen das jetzt... ich glaube, das ist das letzte Unterhaltungselement, was wir hier noch bringen können. Die theoretischen Erklärungen, die er hat mehrere Bücher geschrieben und was er erklärt, warum das nötig ist, die technologische Zivilisation, die Technosphäre zu zerstören, die sind teilweise sehr nah an dem, was ich von Peter Heff wiedergegeben habe. Er entwickelt quasi eine eigene Theorie darüber, warum die sich immer weiter fortschreibt, die im Grunde das Gleiche ist, was Heff als Systemlogik beschreibt. Auf Basis dieser Schriften hat sich eine Kaczynskige Volkschaft herausgebildet, die ihre Bewegung selbst "Ego-Extremism" nennt, mit eigenen Blogs und Theorieproduktionen und militanten Aktionen. Der bekannteste Strang dabei sind die Individualidades tendiendo a los salvaje, die Individuen mit Tendenz zur Wildheit. Das ist ein Netzwerk mit Ursprung in Mexiko, die begann 2011 Paketbomben Kaczynski-Style zu verschicken an Universitätsmitarbeitende, die im Bereich Nanotechnologie forschten. Das Netzwerk hat sich mittlerweile umbenannt in wilde Reaktionen und sich von Lateinamerika auch nach Italien, nach Griechenland oder nach Spanien ausgebreitet. Es wird also zunehmend unübersichtlicher im Antitech-Aktivismus. In einem 2022 in der Szene weit rumgereichten Brief aus dem Gefängnis, wies Kaczynski ausdrücklich auf bestimmte Passagen seines Buchs "Antitech Revolution" hin. Schau mal Kapitel so und so, das ist total wichtig. In dem Kapitel empfiehlt er radikal linke ökologische Initiativen zu infiltrieren und so beispielsweise Inhalte in Publikationen zu beeinflussen oder kleinere Gruppen über einen bestimmten Zeitraum hinweg direkt zu übernehmen. Er sagt auch, wie das am besten gehen kann, durch engagierte aktive Mitarbeit und durch ein Zurückhalten der eigenen Auffassungen, bis der eigene Einfluss groß genug ist und bis die Bedingungen reif sind. Ist das alles jetzt eine Gefahr für aktuelle ökologische Bewegungen? Man kann das unterschiedlich einschätzen. Ich würde sagen, es ist kein aktuelles Problem. Es gibt aktuell sehr viele andere große Probleme, aber das muss nicht so bleiben. Die Temperaturen steigen, Brände und Starkwetterereignisse nehmen zu, Menschen fliehen, Politik geht langsam und widersprüchlich damit um, Interessen sind sehr sehr unterschiedlich, die Klimagerechtigkeitsbewegung ist frustriert, spricht seit einem guten Jahr vermehrt von Sabotage. Und wenn sich das mischen sollte mit antizivilisatorischen Zerstörungsorganisationen mit linker Argumentation, mit einem Infrastruktur-sabotierenden und mörderischen Ökofaschismus oder mit nihilistischem Terror im Namen wilder Natur, dann ist das ein strategisches Problem. Denn die bürgerliche Gesellschaft wird dann nicht unterscheiden wollen, was genau denn jetzt der Grund ist, weswegen jemand dieses oder jenes in die Luft gesprengt hat, wenn es verschiedene Logiken gibt. Die bürgerliche Gesellschaft muss für ein besseres Leben für alle, aber mit ins Boot irgendwie. Dazu kommt erhöhte Aufrüstung im Mitteleuropa, Inflation, Wohlstands-Privilegienverluste, ein allgemeines Anstiegen von emotionalen Ausnahmezuständen und Dauerschöpfung. Maybe that's just me, vielleicht ist das nichts, was alle betrifft. All das lässt mich eine starke Zunahme an Climat Doom oder Eco Doom befürchten. Also der Einstellung, dass eh alles zu spät ist, dass wir es definitiv vergeigt haben, dass nur noch Schlimmeres auf uns wartet und wir nichts mehr besser machen können. Und in diesem Gefühlsklimawandel werden öko-extremistische und ökofaschistische Rekrutierungen ziemlich leichtes Spiel haben. Wenn Ihnen keine positiven und plausiblen, hoffnungsvollen Zukunftsentwürfe gegenüberstehen. Aber warum sollten Sie das nicht tun? Warum sollte es die nicht geben? Zum Glück sind hier und an vielen anderen Orten so viele mutige und kreative und liebevolle Menschen, dass ich glaube, dass wir das schaffen können. Also geht zu allen Zola Punk Workshops, die ihr findet und lasst uns alle gemeinsam dafür arbeiten. Vielen Dank fürs Zuhören und fürs Aushalten solange. Also so gern wir das alle gesehen haben, hat Bits und Bäume gesagt, ich muss dich nicht von der Bühne deckeln. Also Sie freuen sich sehr, dass so viele Leute gekommen sind und wir freuen uns natürlich alle sehr, dass Arne gekommen ist und uns seinen Vortrag gezeigt hat. Deswegen nochmal einen ganz, ganz großen Applaus für Arne Vogelgesang. Vielen Dank. Vielen Dank. Vielen Dank. Vielen Dank. Vielen Dank. Vielen Dank. SWR 2020